„Die Rückkehrpflicht ist nicht mehr zeitgemäß“
Sechs Fragen an Hakan Er, Driver and Services GmbH
Hakan Er ist seit vielen Jahren Mietwagenunternehmer in Berlin. Heute ist er zusätzlich beratend tätig und kennt die Branche aus vielen Perspektiven – von den ersten Schritten mit der eigenen Konzession über die schwierige Corona-Zeit bis hin zu den aktuellen regulatorischen Herausforderungen. Im Interview spricht er darüber, wie er in die Personenbeförderung gekommen ist, welche Erfahrungen ihn geprägt haben und warum die Rückkehrpflicht für ihn das größte Hemmnis der Branche darstellt.
MK: Lieber Hakan, wie bist Du ursprünglich zur Mietwagenbranche gekommen?
HR: Über meinen Bruder, der damals die Ortskundeprüfung gemacht hat. Ich habe ihn beim Lernen unterstützt und so erste Einblicke in die Branche bekommen. Später habe ich selbst die Unternehmerprüfung bei der IHK abgelegt und 2020 meine erste Konzession erhalten. Der Start fiel mitten in die Corona-Zeit, was die Anfangsphase sehr schwierig machte. Trotz allem habe ich das Geschäft aufgebaut und bis zu 20 Konzessionen in Berlin betrieben.
MK: Was waren die größten Herausforderungen während Deiner Zeit als Unternehmer?
HR: Ganz klar die Corona-Pandemie. Dazu kam der Druck, als junger Unternehmer gleichzeitig Fahrzeuge, Mitarbeiter und alle rechtlichen Vorgaben zu managen. Gerade in den ersten Jahren war es eine enorme Belastung, alles unter einen Hut zu bekommen: Schichtpläne, Reparaturen, Mitarbeiterführung und gleichzeitig die eigene Existenz abzusichern.
MK: Wie hat sich die Branche in Berlin seit Deinem Start verändert?
HR: Nach Corona gab es in Berlin einige „schwarze Schafe“, die ohne Genehmigung unterwegs waren. Das hat die Mitarbeitergewinnung extrem erschwert und den Druck auf die seriösen Unternehmer weiter erhöht. Richtigerweise wurde der Markt deshalb bereinigt. Bis heute sind die Kontrollen sehr engmaschig. Leider schießt die Berliner Behörde mittlerweile völlig über das Ziel hinaus. Heute dauert es oft länger als ein Jahr, eine Konzession zu erhalten/verlängern – gesetzlich sind drei Monate vorgesehen. Es war definitiv richtig, die “schwarzen Schafe” vom Markt zu nehmen; dies hätte schon viel früher passieren müssen. Jetzt muss jedoch zu einer geregelten Konzessionsvergabe zurückgegangen werden. Die Berlinerinnen und Berliner wollen die Dienstleistung plattformvermittelter Mietwagen.
MK: Was sind für Dich Beispiele für übertriebene Regulierung in Berlin?
HR: Ein Unternehmer bekam z.B. seine Konzession nicht verlängert, weil auf den gemieteten Parkplätzen kein Firmenschild angebracht war. Anstatt den Unternehmer aufzufordern, das entsprechende Unternehmensschild anzubringen, wurde die Konzession schlichtweg nicht verlängert. Das ist völlig unverhältnismäßig und nur ein Beispiel von vielen.
MK: Neben der Konzessionsvergabe ist die Rückkehrpflicht eines der meistdiskutierten Themen. Wie siehst Du das?
HR: Die Rückkehrpflicht ist das größte Hindernis für die Branche. Sehr viele der gefahrenen Kilometer sind dadurch Leerkilometer – ökologisch und ökonomisch unsinnig. Fahrer müssen ihre Pausen am Betriebssitz machen, auch wenn sie diese vielleicht lieber mit Freunden oder Familie verbringen möchten. Die Rückkehrpflicht ist nicht zeitgemäß und belastet sowohl Unternehmer als auch die Umwelt.
MK: Wie blickst Du auf die Zukunft von Taxi- und Mietwagen in Deutschland?
HR: Der Bedarf an Mobilität wird steigen. Taxis haben ihren festen Platz als Teil des ÖPNV, aber Mietwagen sollten mehr Freiheit zur Entwicklung bekommen. Gerade digitale Innovationen und flexible Angebote können die Mobilität insbesondere in Stadtrandlagen verbessern. Dafür braucht es weniger starre Regeln – insbesondere ein Ende der Rückkehrpflicht.
MK: Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Martin Kumstel für den Bundesverband wirfahren.