Am 11. März 2024 haben die EU-Mitgliedstaaten eine Richtlinie zur Plattformarbeit verabschiedet. Die Initiative soll im boomenden Sektor der Plattformwirtschaft Arbeitsstandards verbessern und die Bestimmung von Arbeitsverhältnissen vereinfachen. Nach Inkrafttreten der EU-Richtlinie haben die Mitgliedstaaten eine Frist von zwei Jahren, um diese in nationales Recht umzusetzen.

Hintergrund der Richtlinie
Die Plattformarbeit, oft auch als Gig-Economy oder Crowdworking bezeichnet, hat in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Typische Beispiele hierfür sind vor allem Kurier- und Fahrservices. Außerdem Angebote in Bereichen wie Reinigung, Betreuung sowie Softwareentwicklung und -programmierung auf Plattformen wie beispielsweise dem israelischen Fiverr. Schätzungen der Europäischen Kommission zufolge waren im Jahr 2022 mehr als 28 Millionen Menschen in der EU in dieser Form beschäftigt, mit einer prognostizierten Steigerung auf 43 Millionen bis 2025. In der täglichen Praxis erweist es sich oft als knifflige Angelegenheit, die Rolle derjenigen zu bestimmen, die ihre Dienste auf Plattformen anbieten: Sind sie Arbeitnehmer oder Selbstständige? Dieses Dilemma liegt auf der Hand, gerade weil die Welt der Plattformökonomie einem unaufhaltsamen Wachstum unterliegt. Nun tritt die Richtlinie auf den Plan, mit dem festen Vorsatz, Mindeststandards für bessere Arbeitsverhältnisse zu etablieren – und nicht nur das: Auch soll sie Klarheit in den Dschungel der Arbeitsverhältnisse bringen, indem sie die Einordnung der Plattformarbeiter als entweder abhängig Beschäftigte oder Selbstständige vereinfacht.

Hauptinhalte der Richtlinie
Die EU-Richtlinie zur Plattformarbeit zielt darauf ab, diesen Herausforderungen zu begegnen, indem sie Mindeststandards für die Arbeitsbedingungen festlegt und gleichzeitig den Schutz personenbezogener Daten stärkt. Ein Kernstück der Richtlinie ist die Einführung einer gesetzlichen Vermutung, die das Vertragsverhältnis zwischen Plattform und Arbeiter standardmäßig als Arbeitsverhältnis ansieht, sofern bestimmte Kriterien erfüllt sind. Dies soll die Bestimmung des Beschäftigungsstatus vereinfachen und für mehr Rechtssicherheit sorgen.

Ein weiteres Ziel der EU-Initiative ist es, durch eine gesetzliche Vermutung das Vertragsverhältnis zwischen digitalen Arbeitsplattformen und den dort tätigen Personen als Arbeitsverhältnis zu definieren, wenn bestimmte, von den nationalen Gesetzen vorgegebene Kontroll- und Steuerungsmerkmale vorliegen, wodurch die Bestimmung des Beschäftigungsstatus erleichtert werden soll. Mitgliedstaaten werden angehalten, die Kriterien hierfür festzulegen, und im Falle des Vorliegens dieser Kriterien liegt die Beweislast bei den Plattformen, das Gegenteil darzulegen.

Auswirkungen der Richtlinie
Die Richtlinie hat das Potenzial, die Landschaft der Plattformarbeit in Europa grundlegend zu verändern. Für Plattformbetreiber bedeutet dies, dass sie möglicherweise ihre Geschäftsmodelle anpassen müssen, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Arbeitnehmer auf Plattformen können hingegen von verbesserten Arbeitsbedingungen, größerer sozialer Sicherheit und verstärktem Datenschutz profitieren. Die neue Richtlinie dürfte für deutsche Mietwagenunternehmen und Taxibetriebe keine bedeutenden Änderungen bringen. Hierzulande sind die Arbeitskräfte entweder selbst die Unternehmer (oft im Taxigewerbe als Ein-Wagen-Unternehmer bezeichnet) oder sie arbeiten als angestellte Mitarbeiter in sogenannten Flottenbetrieben.

Die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht wird eine Schlüsselrolle spielen und könnte in den verschiedenen Mitgliedstaaten unterschiedlich ausfallen. Dies erfordert eine enge Beobachtung und möglicherweise Anpassungen seitens der Plattformbetreiber, um den unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden. Entgegen einiger Bedenken, dass die bevorstehenden EU-Parlamentswahlen zu Verzögerungen führen könnten, wird die Richtlinie nun nach offizieller Annahme und Veröffentlichung im EU-Amtsblatt wirksam. Darauf folgt eine verbindliche Zweijahresfrist, innerhalb derer die Mitgliedstaaten diese in ihr jeweiliges nationales Recht überführen müssen.